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MEHRHEIT GLAUBT NICHT AN POLITISCHE DISKUSSIONEN AUF FACEBOOK.

Ist Facebook überhaupt eine geeignete Plattform für politische Diskussionen? Diese Frage ist in unseren Augen eine zentrale, da sie ein Gefühl dafür gibt, welcher Anteil sich überhaupt am politischen Dialog beteiligt. 


Facebook-Nutzer sehen mehr Extremismus, wollen entfreunden und teilweise eigene Nutzung reduzieren!

München, Januar 2016. Seit Monaten gibt es in der deutschen Öffentlichkeit nur noch ein echtes Thema. Die Flüchtlingskrise. Justizminister Heiko Maas hat Facebook wiederholt zur Löschung von Hetzkommentaren aufgefordert. Dem kommt Facebook in Deutschland nun nach. Zudem wurde am 18.1.2016 eine Inititiative für mehr Zivilcourage gestartet. Wie nötig es für Facebook auch im Eigeninteresse ist, gegen die Verschärfung im Ton auf der eigenen Plattform vorzugehen, zeigt die aktuelle Umfrage des MUNICH DIGITAL INSTITUTE.

Zwischen dem 13. und 15. Januar 2016 haben wir 1271 deutschsprachige Facebook-Nutzer gefragt, wie sie die politischen Diskussionen und die Atmosphäre im weltweit größten Netzwerk wahrnehmen und was dies für ihr zukünftiges Verhalten bedeutet. Die Ergebnisse sind eindeutig und dürften vor allem für Facebook selbst ein Alarmsignal sein.

Das MUNICH DIGITAL INSTITUTE hatte breits Mitte 2015 in einer umfassenden Analyse zur Diskussionskultur evaluiert, wie die deutschen Facebook-Nutzer mit dem Thema Flüchtlinge umgehen. 

 

Take-Aways

 

1) 73,6 % der Befragten sehen auf Facebook zunehmend extreme politische Meinungen. 

2) Fast die Hälfte der Nutzer will "Freunde" mit bestimmten politischen Meinungen zukünftig entfreunden.

3) Etwa ein Fünftel der Befragten will Facebook zukünftig weniger nutzen.

Mehrheit glaubt nicht an politische Diskussionen auf Facebook

Ist Facebook überhaupt eine geeignete Plattform für politische Diskussionen? Diese Frage ist in unseren Augen eine zentrale, da sie ein Gefühl dafür gibt, welcher Anteil sich überhaupt am politischen Dialog beteiligt. 

52,5 % der befragten Nutzer meinen, Facebook sei keine geeignete Plattform für politische Diskussionen. 47,5 % behaupten dementsprechend das Gegenteil. Signifikant: Die Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren hält sich diesbezüglich überdurchschnittlich zurück. Ebenso wie Frauen, die sich zu 66 % nicht an politischen Diskussionen beteiligen.  

In unserer Umfrage haben wir auch danach gefragt, wie die Nutzer Facebook als Informations-Plattform außerhalb der Diskussionen an sich für politische und gesellschaftliche Themen einschätzen. Deutlich wird, welche große Bedeutung gerade Medienseiten für politische Themen haben:

68,4 % der Nutzer informieren sich über das politische Geschehen mithilfe von Medienangeboten. Weitere 57 % - also mehr als die Hälfte der Befragten - informieren sich auch bzw. zusätzlich über andere Nutzer im eigenen Netzwerk. Knapp 22 % der Befragten geben an, sich gar nicht über politische Themen auf Facebook zu informieren.

Hier tritt ein interessanter Widerspruch zutage. Auf der einen Seite informieren sich Nutzer mehrheitlich zu politischen Themen auf Facebook, weniger als die Hälfte aber beteiligt sich an politischen Diskussionen. Etwas schlauer wird man mit Blick auf die Gründe, sich von politischen Diskussionen fernzuhalten:

Ganze 67 % der Nutzer empfinden solche Diskussionen schlichtweg als zu anstregend. 55 % meinen, sie würden auch zu nichts führen. 

Mehr Politik. Mehr Extremismus. Mehr Hetze.

Für Facebook selbst interessant dürfte auch sein, was die Nutzer in ihrem News Feed wahrnehmen. Auch wenn Facebook selbst auf Basis harter Daten sicher genau sagen kann, was deutschen Nutzern an Inhalten in den Feed gespült wird, so ist die subjektive Wahrnehmung durch die Nutzer doch sehr wichtig. Diese Wahrnehmung entscheidet letztlich darüber, wie Nutzer Facebook als Plattform verstehen und wie sie diese zukünftig nutzen werden. Zu den Ergebnissen:

61 % der Nutzer nimmt mehr Politik im eigenen Feed wahr. Etwa 60 % geben an, dass die Stimmung insgesamt ernster geworden ist. Mehr als ein Drittel der Befragten nimmt eine Zunahme an persönlichen Angriffen wahr.
Etwa 70 % der Nutzer stellen eine zunehmende Aggressivität bzw. Emotionalität in den politischen Diskussionen fest. 

Noch drastischer sind die Ergebnisse mit Blick auf die Ausprägung.
Fast drei Viertel der befragten Nutzer (73,6 %) stellen im eigenen Feed mehr extreme politische Meinungen fest. Etwa 66 % sehen mehr Fremdenfeindlichkeit, fast 62 % eine Zunahme an hetzerischen Kommentaren. Dabei gibt es zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen keine signifikanten Unterschiede. 

Ein kleiner Lichtblick, der auch Facebook mit der soeben gestarteten Initiatitive für mehr Zivilcourage gefallen dürfte: Die Hälfte der Nutzer stellt gleichzeitig auch mehr Zivilcourage im eigenen News Feed fest. 

Weniger Nutzung. Mehr Melden und Entfreunden. 

Entscheidend für Facebook, Politik und auch Wirtschaft dürfte sein, wie sich Nutzer zukünftig verhalten wollen. Ein aggressiver Ton, mehr Zurückhaltung bei den Nutzern und ingesamt gefühlt ernstere Themen lassen durchaus Auswirkungen auf das Engagement der werbetreibenden Wirtschaft vermuten. 

Fast 21 % der befragten Facebook-Nutzer geben an, Facebook zukünftig weniger nutzen zu wollen. Nun muss man mit solchen Aussagen in einer Umfrage immer etwas vorsichtig sein. Sollte sich aber ein Teil der Befragten tatsächlich so verhalten, so wäre dies für Facebook zumindest im deutschen Markt ein sehr ernstzunehmendes Signal. 

Und noch etwas sollte Facebook aufhorchen lassen: Über 46 % der Befragten will "Freunde" im Netzwerk mit bestimmten politischen Meinungen zukünftig entfreunden. Über die Hälfte gibt an, hetzerische Kommentare zukünftig zu melden. Letzteres wäre für Facebook durchaus eine Hilfe bei den aktuellen Bemühungen. Gleichzeitig besteht die Gefahr für Facebook, dass die Menge der Sozialkontakte aufgrund der Politisierung sinkt. 

Alarmglocken für Facebooks Geschäftsmodell

Aus gesellschaftlicher Sicht muss man feststellen: Die Bereitschaft zum offenen Dialog sinkt. Der Ton wird rauer, der Extremismus nimmt zu. Die Facebook-Nutzer wollen Bindungen eher lösen oder sich ganz zurückziehen, als sich in eine sachliche Auseinandersetzung zu begeben. 

Die Ergebnisse der Umfrage sind auch für Facebook selbst ernstzunehmen. Die Nutzer konstatieren dem weltweit größten Netzwerk eine  zunehmende Politisierung und Verschärfung im Ton. Sie sehen wesentlich mehr Politik im News Feed. Gleichzeitig geben sie an, sich zukünftig mehr zurückzuhalten, soziale Beziehungen aufzulösen oder Facebook grundsätzlich weniger zu nutzen.

Fernab vom Politischen liegt hierin rein wirtschaftlich betrachtet für Facebook eine Gefahr. Facebook ist darauf angewiesen, dass die Nutzer durch ihre Aktivität auf der Plattform soziale Daten generieren, die dann über Werbeformate an die Wirtschaft verkauft werden. Weniger Kommunikation, weniger Sozialkontakte und eine weitere Zunahme der politischen Themen erschweren dies eindeutig. Sollte nur ein Teil der Nutzer, die angeben, Facebook weniger zu nutzen, dies tatsächlich halten, so würde die Penetration auf Facebook im deutschen Markt vermutlich merklich sinken. 

Ganz unabhängig von den harten Zahlen dürfte eine aufgeheizte politische Stimmung in Facebook Marken zunehmend davon abhalten, stärker in Facebook zu investieren. Entweder, weil die Durchdringung mit eher seichteren Themen schwieriger wird. Oder auch, weil Nutzer in einer eher negativen Emotionalität und Stimmung angetroffen werden, die keine gute Basis für Markenkommunikation ist. 

 

UnterstützerInnen

Wir danken an dieser Stelle allen Teilnehmer und Unterstützern dieser Umfrage. Es ist uns gelungen, in 3 Tagen eine vierstellige Teilnehmerzahl zu aktivieren und somit ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen. Besonderer Dank an:

Nico Lumma | MSL Germany | Wigan Salazar | Werben & Verkaufen | Klaus Eck | Mark Pohlmann | Markus Hesselmann | Christian Buggisch | Siegfried Lautenbacher | Beck et al. | Lars Basche | Sascha Stoltenow | Patrick Breitenbach | Sebastian Thielke | Wolfgang Miedl | Tapio Liller | Oseon | DATEV | Florian Hohenauer | Susann Krüger | Daniel Rehn | Christian Henne | Philipp Hoffrichter | creating-web GmbH | HenneDigital | Michael Zinkl | Daniel Hanke | Klenk & Hoursch | Florian Schleinig | Jan Pötzschner | Strattack GmbH | Katja Bröckl-Bergner | Florian Hellmuth | Timo Lommatzsch | Stephan Levin | WBS Werbeagentur | Heike Gallery | Jochen Adler | Carsten Nillies | Markus Grabichler | Diana Versteege | Daniel Fürg | Robert Basic | Maren Martschenko | Mirko Lange | Meike Leopold | Stephan Goldmann | Michael Meißner | Max Retzer | Hasso Mansfeld | Stefan Oßwald | FDP Liberté | Nico Kirch | Kerstin Hoffmann | Susanne Krüger | Nicole Y. Jodeleit | Christian Frommert | infodesignerin.de | Oliver Wurm | Elisabeth Heinemann | Carsten Rossi | Mareike Köster | Michael Kroker | Jürgen Haslauer | Prof. Dr. Klemens Skibicki | Adenauer Campus | Martin Fuchs | Christof Fischoeder | Christine Dingler | Gunnar Jans 

 

Methode

Zwischen dem 13.-15. Januar 2016 wurden per Online-Fragebogen 1271 Facebook-Nutzer befragt. Die soziodemografischen Faktoren und die Anzahl an Teilnehmern ergeben einen validen Datensatz für den Querschnitt an deutschen Facebook-Nutzern. Wir haben geschlechtsspezifische Auffälligkeiten deshalb separat ausgewiesen.
 


Autoren: Christian Henne, Philipp Hoffrichter

Facebook Algorithmus

Wieder einmal hat Facebook signifikante Veränderungen im Newsfeed Algorithmus angekündigt. Die Marketingbranche ist aufgeschreckt.


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